"DIE ZUSAMMENARBEIT MIT KULTUREINRICHTUNGEN AUS ZENTRAL-UND OSTEUROPA HÄNGT OFT VON bereits bestehenden Beziehungen AB - MIT NEWEAST WOLLEN WIR DAS KOOPERATIONSPOTENZIAL ERWEITERN"

NEWEAST ist ein Kunstnetzwerk, das sich zum Ziel gesetzt hat, Kultureinrichtungen aus den postsozialistischen Ländern Zentral- und Osteuropas miteinander zu verbinden und ihre Sichtbarkeit zu erhöhen

BÉTON BLEU MAGAZINE x NEWEAST

NEWEAST ist ein Kunstnetzwerk, das sich zum Ziel gesetzt hat, Kultureinrichtungen aus den postsozialistischen Ländern Zentral- und Osteuropas miteinander zu verbinden und ihre Sichtbarkeit zu erhöhen. Auf seiner digitalen Plattform www.neweast.art stellt es Ausstellungshäuser, Projekträume und Kultureinrichtungen vor. Béton Bleu Magazine sprach mit MARIJA PETROVIC, Mitglied des Kuratorenteams von NEWEAST sowie des KVOST (Kunstverein Ost e.V.) in Berlin, über die neue Initiative und den Kunstsektor in postsozialistischen Staaten.


Béton Bleu Magazine: Marija, Du bist eine der Initiator:innen von NEWEAST. Kannst du uns mehr darüber erzählen?

Marija Petrovic: Die ursprüngliche Idee stammt von Stephan Koal, dem Direktor von KVOST, und ich habe mich dem Projekt vor etwa einem Jahr angeschlossen. NEWEAST ist ein Netzwerk, das darauf abzielt, Kulturräume in Zentral- und Osteuropa miteinander zu verbinden und ihre Sichtbarkeit zu erhöhen. Auf seiner digitalen Plattform stellt NEWEAST Ausstellungshäuser, Projekträume und Kultureinrichtungen vor. Sie werden auf einer interaktiven Karte präsentiert, die mit einem Newsfeed verknüpft ist, in dem die Mitglieder des Netzwerks unabhängig voneinander aktuelle Ausstellungen, Veranstaltungen und Stipendien bekannt machen können. Die Website bietet auch einen Blog, in dem NEWEAST Interviews mit Künstler:innen und Kulturakteur:innen veröffentlicht.

BB: Wer ist die Zielgruppe von euer Initiative?

MP: Einerseits richtet es sich an Interessierte, die eine Stadt oder ein bestimmtes Land besuchen und sich ein Bild von Kunst- und Projekträumen sowie von den dort ansässigen Institutionen und den Ausstellungen machen wollen, die sie auf ihrer Reise besuchen könnten. Andererseits richtet sich das Netzwerk auch an Fachleute, die im Kunst- und Kulturbereich tätig sind und Verbindungen zu anderen Kulturräumen herstellen, den Austausch oder sogar die Zusammenarbeit fördern möchten. Ein großer Schwerpunkt sind auch offene Ausschreibungen, Stipendien und Residencies, die Künstlern eine Orientierung bieten können. Irgendwann in der Zukunft möchten wir über NEWEAST auch ein Residenzprogramm einrichten.

Seit seiner Gründung im Jahr 2018 ist KVOST sehr an gemeinsamen Projekten und dem Austausch mit anderen Institutionen in Zentral- und Osteuropa interessiert. Es hat sich gezeigt, dass das Interesse auf Gegenseitigkeit beruht, aber in der Praxis oft auf Eigeninitiative und/oder bereits bestehenden Beziehungen beruht. So entstand die Idee, eine Struktur für ein Netzwerk wie NEWEAST zu schaffen.
— Marija Petrovic

ALLE BISHER PARTIZIPIERENDEN INSTITUTIONEN SIND AUF DER WEBSITE VERLINKT: WWW.NEWEAST.ART

BB: Wie habt ihr den Bedarf an einem Netzwerk wie NEWEAST ermittelt? Gab es einen konkreten Moment?

MP: Wir haben den Bedarf durch die Arbeit im KVOST - Kunstverein Ost e.V. - erkannt. KVOST ist ein Kunstverein in Berlin, der sich auf die Förderung von Künstler:innen aus Zentral- und Osteuropa konzentriert. Seit seiner Gründung im Jahr 2018 ist KVOST sehr an gemeinsamen Projekten und dem Austausch mit anderen Institutionen in Mittel- und Osteuropa interessiert. Es hat sich gezeigt, dass das Interesse auf zwar Gegenseitigkeit beruht, in der Praxis aber oft auf Eigeninitiative und/oder bereits bestehenden Beziehungen beruht. So entstand die Idee, eine Struktur für ein Netzwerk zu schaffen.

BB: Hast du den Eindruck, dass osteuropäische Institutionen etwas weniger als ihre westeuropäischen Pendants vernetzt und daher mehr auf Initiativen wie NEWEAST angewiesen sind?

MP: Da ich nicht in Osteuropa sondern in Berlin lebe, finde ich es schwierig, diese Frage aus meiner eigenen Perspektive zu beantworten. Ich denke, es kommt auf den Einzelfall an, und natürlich ist "Osteuropa" eine riesige und vielfältige Region. Ich glaube, dass die Vergleiche zwischen "Ost" und "West" nicht wirklich produktiv sind. In unseren Gesprächen mit den Mitgliedern des NEWEAST-Netzwerks haben wir jedoch festgestellt, dass es durchaus ein großes Interesse an dem Projekt gibt.

„Es wäre SCHÖN wenn NEWEAST STRUKTUREN für den Aufbau von Partnerschaften bieten würde, durch die eine solidarische Verbindung entstehen kann.”

Marija Petrović, Koordinatorin von NEWEAST

BB: Welcher Impact wäre ein messbarer Erfolg für NEWEAST?

MP: Das langfristig-strukturelle Ziel ist, dass sich NEWEAST von KVOST abnabelt. Schön wäre es auch, wenn diese Struktur zum Aufbau von Partnerschaften führen würde, durch die eine solidarische Verbindung entstehen kann. Dazu kann auch die Umsetzung gemeinsamer Projekte wie Wanderausstellungen und eine gemeinsame Beantragung von Projektmitteln gehören. Wichtig ist jedoch, dass jeder Raum bzw. jede Institution, die Mitglied ist, die Netzwerkstruktur so nutzen kann, wie es für sie vorteilhaft ist und das kann je nach Bedürfnislage sehr unterschiedlich sein.

BB: Vielen Dank für das Gespräch.

Über: Marija Petrovic (*1992 in Dnipro, Ukraine) ist Künstlerin, Forscherin und Kuratorin und lebt in Berlin. Sie studierte Bildende Kunst und Theorie & Geschichte an der HFBK Hamburg und Philosophie in Thessaloniki. Seit 2023 arbeitet sie an ihrem Promotionsprojekt "Vulnerabilität" an der HFBK. Ihre Doktorarbeit wird von der Ernst-Ludwig-Ehrlich-Stiftung gefördert. In ihrer künstlerischen Praxis interessiert sich Marija Petrovic für die Fragilität von Kontakt und Interaktion sowie für die vielschichtigen Komplexitäten von Erinnerung und Repräsentation. In ihrer interdisziplinären Forschung spielen Philosophie/Phänomenologie, postkoloniale Theorien und die Erforschung der Erinnerung eine große Rolle. Seit November 2022 ist sie Teil des Kuratorenteams des KVOST (Kunstverein Ost e. V.) in Berlin, der sich auf die Förderung zeitgenössischer Kunst aus Osteuropa konzentriert. Darüber hinaus erschien im März 2023 ihre erste Publikation "Silver", die sie gemeinsam mit Ofri Lapid verfasst hat, im Materialverlag.

Website: www.neweast.art

Interview: ANA-MARIJA CVITIC

05/01/2024

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